Rede von Ingrid Grischtschenko zum Haushaltsentwurf 2011 Regionalversammlung 20.10.2010

Haushalt 2011 - 1. Stellungnahme

Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Haushaltsberatungen in der Region zeitgleich mit Haushaltsberatungen in den Kreisen und Kommunen. Bei vielen heißt es, Mangel verwalten, keinen kreativen Spielraum mehr haben, Pflichtaufgaben erledigen.Auch die Region überlegt heute und in den folgenden Ausschusssitzungen was nächstes Jahr finanziell geht und was mittelfristig eingetaktet werden muss. Die Beratungen werden nicht darüber geführt ob wir eine Umlage erheben, sondern was wir im nächsten Jahr mit ihr machen! Umlagediskussionen in Form von: hier die gute Kreisumlage und dort die schlechte Regionalumlage, bringen uns nicht weiter.

Was uns weiter bringt ist, wenn wir uns hier ehrlich sagen was wir wollen und es sich in einem klaren Haushalt wiederspiegelt. Für die Grünen in der Region heißt das: Verbesserungen im ÖPNV und in der grünen Infrastruktur, verbunden mit einer allseits anerkannten Regionalplanung und vielfältiger Wirtschaftsförderung.

Die künftige Gestaltung des S-Bahn-Netzes wird den Verband Region Stuttgart in nächster Zeit beschäftigen. Nachdem die meisten S-Bahn-Ausbauvorhaben begonnen sind, oder vor der Fertigstellung stehen, werden nun Überlegungen zur Weiterentwicklung des ÖPNV in der Region erforderlich. Mit der Untersuchung einer S-Bahn-Verbindung in den Raum Göppingen oder nach Vaihingen/Enz, oder nach Calw, oder auf der Schusterbahn, oder über Filderstadt hinaus, sind bereits Themenschwerpunkte gesetzt.

Wie wir das finanzieren –auch das wird Gegenstand der jetzigen und der nächsten Haushaltsberatungen sein: 

·         Wird das Land seinen Teil endlich zur rechten Zeit überweisen, ohne dass die Region vorstrecken muss?

·         Wird das Land die bisherigen regionalen Auslagen  endlich vollständig ersetzen?  (24 Mio. Ende 2010)

·         Wann wird die Zinslast für diese Kredite zum Aufbau der Infrastruktur endlich zurückgehen?

Tatsächlich verschuldet sich ja die Region in der Erfüllung ihrer Pflichtaufgabe S-Bahn, während aus dem Landeshaushalt hunderte von Millionen in eine angebliche Europamagistrale fließen, die auf  Teilabschnitten in Bayern eingleisig und noch nicht elektrifiziert ist! Auf österreichischer Seite wird an den Nahverkehr gedacht und ein drittes Gleis bis an die Grenze gelegt, auf deutscher Seite geht’s nicht weiter, da reist der Bundesverkehrsminister zur gelungenen Renovierung der Toilettenanlage nach Freilassing!

Zur Bevorzugung des Fernverkehrs seitens des Landes kommt noch, dass seit sechs Jahren der Landeszuschuss zur Verbundförderung gekürzt wird. Das heißt, dass der VVS trotz vollständiger Leistungserfüllung wieder weniger Geld vom Land bekommt. Auch für 2011 gilt also, wie jedes Jahr, die Region muss das Kunststück vollbringen, die weniger werdenden Mittel so umzuverteilen und auszugleichen, dass der Standard im Nahverkehr gehalten, und weiter verbessert werden kann.

(Zu FW: Fahrgeldeinnahmen mit 55,2 Mio. wahrscheinlich zu optimistisch angesetzt. Denn: weder im laufenden Jahr und auch nicht im vergangenen Jahr wuchsen die Fahrgeldeinnahmen in gleichem Maße wie die Tariferhöhungen. Statt Wunschvorstellungen in den Haushalt schreiben zu lassen – leider macht die Verwaltung was die Freien Wähler ihr sagen - machen Sie mal einen eigenen Vorschlag wie Sie die Fahrgeldeinnahmen nicht nur auf dem Papier erhöhen!)

Zur Finanzierung des Fernverkehrs, der große Löcher in die regionale Kasse reißt:

100 Mio. Euro für S21, über acht Jahre verteilt, jedes Jahr 2,5 Mio. aus der eigens dafür angesparten Rücklage, den Rest aus der Verkehrsumlage. Dieses Jahr im April wurde die erste Rate bezahlt. Fürs nächste Jahr neuerdings geplant und von den FW vorgeschlagen u. von der Verwaltung aufgenommen: Doppelt so hohe Entnahme aus der Rücklage und dadurch Senkung der Verkehrsumlage.

Schon der FW- Antrag letztes Jahr ging in die gleiche Richtung und bedeutete nichts anderes als: Könnte man die ganze Kostendiskussion zu S21 nicht irgendwie unauffälliger machen? Jetzt wo es ans zahlen geht, bekommen sie kalte Füße!

Dabei wurde dem 8-Jahres Konzept hier in der Regionalversammlung zugestimmt. Das ist doch einer dieser vielen demokratisch gefassten Beschlüsse. Halten wir einmal fest: Von dem wollen sie sich jetzt also verabschieden, sie wollen ihn geändert haben. Das kann man machen.

Wenn man erkennt, dass diese 100 Mio.-Beteiligung an S21 riesige Löcher in die regionale Kasse reißt, und nicht nur in die regionale Kasse, sondern auch in die kommunalen Kassen und die Kreiskassen, dann muss man das ändern. Aus lauter Weitsicht und Solidarität!  Am besten, man beschönigt nichts mehr und ändert es konsequent. Ich sage ihnen jetzt wie: Die Umlage ist nur die Wirkung, das Projekt S21 ist die Ursache! Wenn es wirklich um die Entlastung der Kreis-und Gemeindehaushalte geht, dann hier unser weitergehender Vorschlag dazu:Keine Extra-Umlage für S21 zu erheben.

Der Grundstock der Rücklage für S21 stammt aus Verhandlungserfolgen um die Jahrtausendwende, nicht aus Umlagen. Die Rücklage sammelte sich an, weil sie lange Jahre nicht abgerufen wurde und ihr die zweckgebundenen Zinserträgen zuflossen, weil das Projekt ständig verschoben wurde. Es soll hier bitte niemand so tun, als ob immer zielgerichtet an diesem Bahnprojekt gearbeitet worden wäre… ich erinnere an die Anfänge der Olympiabewerbung, als ernsthaft behauptet wurde S21sei bis 2012 fertig.

Im Lauf der Diskussion wurde dann eingeräumt, es könne auch 2013 werden – ein Jahr nach der Olympiade.

Für 100 Millionen Euro Beteiligung an S21 hat man der Regionalversammlung eine Verbesserung des Nahverkehrs in Aussicht gestellt. Die Mehrheit hier hat das geglaubt. Fakt ist, der Nahverkehr hat sich mit Baubeginn dieses Jahr verschlechtert. Es ist nicht abzusehen, wann das endet und es wird immer klarer, warum sich die Mitbewerber aus der Ausschreibung zurückgezogen haben. S21 ist kein ökologisches Projekt u. es schadet dem Nahverkehr. Es ist berechtigt anzunehmen, dass dem 100 Mio. Euro-Beitrag kein entsprechender regionaler Nutzen gegenüber steht. Wir beantragen deshalb, dass der VRS den entstandenen Schaden bewertet, die Höhe der Ersatzleistungen ermittelt und von der DB einfordert- zusätzlich zur jährlichen Strafzahlung. (Pönale von 300 000 Euro/a )

Der Vertrag mit der DB heißt Bestellvertrag, weil die Region darin S-Bahnen bestellt hat. Und wenn das Bestellte nicht geliefert wird oder zu spät geliefert wird, dann darf man das monieren, darf den Schaden quantifizieren und darf ihn einfordern. Wir möchten, dass der Verband  Region Stuttgart ein selbstbewusster Vertragspartner wird.

Für diejenigen, die ihre Monats-oder Jahreskarte im Voraus bezahlt haben und nicht immer die erwartete Gegenleistung bekommen haben, muss mehr drinliegen als die Wochenendregelung. Vom Aussetzen der Tariferhöhung hätten alle etwas. Wer die jährliche Pönale auf einen Pauschalsatz einfrieren kann, kann auch den Tarif einfrieren oder bei Baustellenverkehr keine Tariferhöhung mehr!

In die Zukunft gedacht beantragen wir die Weiterentwicklung des Jahrestickets Plus hin zu einer Mobilitätskarte Region. Sie soll unterschiedliche Verkehrsmittel vernetzen, gültig sein vom Parkhaus bis zur Fahrradausleihe, in Bussen und Bahnen sowieso und soll durch ihre Unkompliziertheit zur selbstverständlichen Nutzung des ÖPNV führen, gerade auch in der Fläche. Damit steigern wir gemeinsam die Fahrgasteinnahmen, nicht nur auf dem Papier, sondern in Realität!

So funktioniert nachhaltige Region: Veränderung des Verkehrs, hin zu mehr ÖPNV, Fahrrad und Fußverkehr und weniger Verbrennungsmotor. Mit einer CO2-armen Mobilität dem Ziel einer CO2- neutralen Region näher kommen! Bisher in der Region Stuttgart noch nicht modellhaft gelungen, auch weil die Zuständigkeiten zersplittert sind. Und doch, die vom Land angekündigte Musterregion kommt uns wie eine alte Bekannte vor. Wir wissen, wie Musterregion geht  und der junge Alt-Regionalrat Pröfrock hat es auch nicht vergessen und auf den Punkt gebracht: Die regionale Plattform eignet sich nach wie vor dazu, Kräfte zu bündeln, Zweckverbände überflüssig zu machen, kurz, den Nahverkehr aus einer Hand anzubieten.

Es liegt an der Regionalversammlung die CO2-neutrale Musterregion als Entwicklungsziel im Regionalverkehrsplan zu verankern und die Nahverkehrsregie  in den Kommunen zu vertreten.

Leider war es nicht möglich in der Vergangenheit eine zweckgebundene Rücklage für den Landschaftspark anzulegen. Immer konnten unter guten Projekten die besten ausgesucht werden. Im vergangenen Jahr wurden nicht alle abgerufen. Dieses Jahr beträgt das Projektvolumen 8 Millionen Euro.

Das heißt bei 50% Co-Finanzierung 4 Mio. für den VRS. Wenn wir auch nur die Hälfte fördern sind es immer noch 2 Mio. Euro. Wir beantragen genau das, weil wir ein Teilbudget von 500 000 Euro gezielt in Landschaftspark-Projekte mit Radwegeverbindung fließen lassen wollen, damit sie nicht in Konkurrenz untereinander treten.

Also, wenn wir den Landschaftspark als Markenzeichen aufbauen wollen, beispielgebend nach außen und identitätsstiftend nach innen, dann sollte uns das jedes Jahr mehr wert sein: In dem Sinne wie es H. Pfeiffer mehrmals formulierte: Da muss soviel reinfließen, wie in die Messe:

Und zum beliebten Spiel, den Landschaftspark gegen Kitas auszuspielen: Lassen sie den Kreisen die S21-Umlage, dann kann dort mehr in den Sozialbereich fließen.

Für die Verwaltung noch zwei abschließende Hinweise zu den Beratungen: Wir werden nicht locker lassen, genauere Informationen abzufragen, in welcher Form der Verband die Interessen des regionalen Nahverkehrs im Lenkungskreis S21vertritt. Bisher werden den Mitgliedern der Regionalversammlung diese, unter Verweis auf die Nichtöffentlichkeit u. Nicht-Wichtigkeit des VRS, vorenthalten, während Bahnchef Grube in einer öffentlichen Veranstaltung freimütig aus dem Lenkungskreis erzählt. Das kann nicht sein! Keine Geheimniskrämerei mehr bei S21!