Rede zum Beschluss des Haushaltes 2022

Die Region hat die Zeichen der Zeit erkannt

Irmela Neipp-Gereke

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Frau Regionaldirektorin,
sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Regionalversammlung,

Nach wie vor stehen wir in unserer Region vor großen Herausforderungen: Transformation, Strukturwandel und nicht zuletzt die menschengemachte Klimakrise. Auch die Pandemie hat sich nicht wie von uns allen erhofft, erledigt. Sondern sie bedeutet weiterhin erhebliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Belastungen. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen bedarf es der politischen Unterstützung und Steuerung, um zu gewährleisten, dass uns unsere starke Wirtschaftsregion nicht nur erhalten bleibt, sondern zukunftsfähig gemacht wird: Mit nachhaltigen neuen Produkten, Arbeitsplätzen, Innovationen und letztendlich einer klimaresilienten, lebenswerten Zukunft für unsere Region Stuttgart.

Angesichts der beschlossenen Anträge unserer grünen Fraktion, aber auch zahlreicher Anträge anderer Fraktionen, die genau diese Themen mit finanziellen Mitteln in beträchtlichem Umfang im Haushalt aufgreifen, werden wir diesem Anspruch gerecht. Und ich möchte behaupten: die Region hat die Zeichen der Zeit erkannt!

So haben wir bereits heute mit dem ersten TOP mit einem Kofinanzierungsprogramm Wasserstoff und Brennstoffzelle die Weichenstellung für eine grüne Wasserstoff-Strategie in der Region Stuttgart beschlossen. Dafür wollen wir der WRS 238.000 Euro zur Verfügung stellen.

Und gleich danach haben wir mit dem interfraktionellen Antrag von CDU/ÖDP, Grünen, SPD, FW und FDP zur IBA`2027 deren Grundfinanzierung gesichert. Dies mit einer jährlichen Aufstockung des Gesellschafterbeitrags um 400.000 Euro – also insgesamt 2,4 Mio. Euro bis zum Präsentationsjahr 2027. Das ist auch dringend erforderlich, um die bisher schon erfolgreiche, von hohem Engagement und Kompetenz des IBA-Intendanten Andreas Hofer und seines IBA-Teams geprägte Arbeit weiterhin garantieren zu können: Für die Präsentation einer von Erfolg gekrönten Bauausstellung von internationaler Relevanz. Zumal die IBA gut gewirtschaftet hat und die derzeit prekäre finanzielle Situation keineswegs selbst verschuldet ist. Vielmehr war es eine politische Fehleinschätzung, bei der Gründung der IBA-GmbH nur für eine Basisausstattung zu sorgen und anzunehmen, dass alle weiteren finanziellen Mittel über potenzielle Sponsoren eingebracht werden könnten. Das gilt es heute zu korrigieren.

Dabei handelt es sich bei der IBA`27 um wertvolle Investitionen in die Zukunft, weil es eben keine Architekturschau im herkömmlichen Sinne ist. Es geht darum, Antworten zu finden zur Sicherung einer klimaresilienten, lebenswerten Zukunft für die nachfolgende Generation. Mit Modellprojekten für experimentellen Leichtbau und recyclefähiges, Raum- und Flächen sparendes Bauen unter Einsatz neuester Technologien und Materialien können wichtige Klimaschutzziele erreicht werden. All dies macht die IBA`27 auch zu einem wesentlichen Instrument, um die Transformation unserer Region zu fördern und ihre Wirtschaftskraft nachhaltig zu stärken.

Deshalb heute auch die Einreichung eines interfraktionellen Antrags von uns Grünen mit CDU/ÖDP und SPD zu einem Förderprogramm für regionale Innovationen in IBA`27-Projekten, um als Innovationsmotor die Start-ups und Unternehmen in unserer Wirtschaftsregion mitzunehmen.

Auch der interfraktionelle Antrag „KI in die Umsetzung bringen“ ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaftsregion! Gerade weil der Wettbewerb anders ausgegangen ist als erhofft, ist es unsere politische Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der ambitionierte KI-Innovationspark und die Genossenschaft mit den erforderlichen finanziellen Mitteln in Höhe von 11,2 Mio. Euro dennoch umgesetzt werden können. Auch das ist in Zeiten von Transformation und Strukturwandel ein wichtiger Innovationsmotor, der den internationalen Anschluss sichert. Darüber hinaus können KI-Produkte und Dienstleistungen hilfreich sein, dem fortschreitenden Klimawandel entgegen zu wirken.

Seitens der grünen Fraktion haben wir im Bereich Wirtschaft und Planung wichtige klimarelevante Anträge in den Haushalt eingebracht, die erfreulicherweise alle weiterverfolgt werden. Wir wollen langfristig auch bei Baustoffen zu einer Kreislaufwirtschaft kommen. Gerade die Bauwirtschaft ist der größte Klimakiller und verursacht mehr CO²-Emissionen als der gesamte Flugverkehr weltweit! Um das Ziel des Pariser Klimaabkommens auch nur annähernd zu erfüllen, brauchen wir den engagierten Ausbau der erneuerbaren Energien in der Region. Dazu haben wir Anträge zur Freiflächen-Photovoltaik und für eine Solardachoffensive Region Stuttgart eingebracht. Um die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen auch verfolgen zu können, ist uns die Einführung entsprechender Indikatoren in die Berichterstattung wichtig, wie sie andernorts üblich ist. Wichtig bleibt uns der sparsame und verantwortliche Umgang mit der Ressource Fläche. Wie erreichen wir die geforderte Flächenneutralität bis 2030? Wo können wir nachverdichten - gerade im Gewerbebestand? Müssen zur Förderung des mehrgeschossigen Wohnungsbaus unsere Dichtewerte auf den Prüfstand?

Apropos Gewerbeflächen – bekanntlich scheiden sich hier die Geister zwischen unserer Fraktion und den meisten anderen Fraktionen. Nach wie vor stellen wir in Frage, dass nur ein Angebot von immer mehr und größeren Gewerbeflächen auf der Grünen Wiese die Ansiedlung neuer Technologien und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen garantieren. Wir sehen die Möglichkeiten im Bestand noch nicht ausgeschöpft. Bedauerlich ist die Tatsache, dass zunehmend Bürgerinnen und Bürger nach Bürgerentscheiden von Akteuren unterschiedlicher Couleur verunglimpft werden mit der Behauptung, diese hätten nicht das große Ganze im Blick. Ganz im Gegenteil realisieren Bürgerinnen und Bürger oft stärker die Endlichkeit des Planeten. Die Güterabwägung in solchen Fragen bleibt auch in Zukunft eine herausfordernde Aufgabe für die Region!

Nachdem im letzten Haushalt unser Antrag für eine Stelle Klimaschutzmanagement abgelehnt wurde, hat es uns sehr gefreut, dass die FW nun mit ihrem Antrag einen neuen Anlauf genommen haben und zumindest die Prüfung einer solchen Stelle beschlossen wurde – dem haben wir gerne zugestimmt.

Der Bereich Verkehr ist nicht nur zentrale Aufgabe des Verbands, sondern auch einer der wichtigsten Hebel politischer Steuerung zur Erreichung der Klimaschutzziele. Die sicherlich aktuellste Nachricht ist, dass wir als Modellregion mit ausgewählt wurden zur Einführung eines Mobilitätspasses. Das bietet eine große Chance für die Region, neue Instrumente für die ÖPNV-Finanzierung zu finden. Und allen verkehrspolitischen Skeptikern und Zauderern sei gesagt: das ist nur ein Modell, d.h. planen, durchführen. Und am Ende des Tages steht erst mal die Evaluation – es gibt also noch keine Festlegung für alle Zeiten.

Im Hinblick auf den Klimaschutz freut es uns besonders, dass nach vielen Jahren des vergeblichen Anlaufs nun der interfraktionelle Antrag von uns Grünen mit SPD und Linke.Pirat zur Umstellung der S-Bahn auf 100% Ökostrom erfolgreich war. Auch wenn das Prozedere noch einige Zeit beanspruchen wird, ist dieses Ziel doch schon mal auf den Weg gebracht!

Mit den interfraktionellen Anträgen zur Weiterentwicklung der RELEX-Busse und zur Zukunft der Panoramabahn leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des ÖPNV. Auch das bisher fehlende Notfallkonzept für die S-Bahn bei teilweiser Sperrung der Stammstrecke ist ein Problem, das viele Fahrgäste umtreibt. Denn nur ein gut funktionierender ÖPNV kann die Menschen motivieren, vom PKW auf Bus und Bahn umzusteigen! Als Grüne haben wir auch ans Radfahren gedacht und freuen uns, dass der Frauen-Initiative BikeBridge nun RegioRäder für ihre Fahrrad-Kurse zur Verfügung gestellt werden.

Um zum Schluss zu kommen: Wie ich anfangs schon sagte, haben wir fraktionsübergreifend mit dem Schwerpunkt der aufgegriffenen Themen in den Anträgen die Zeichen der Zeit offenbar erkannt. Deshalb können wir diesem Haushalt auch angesichts des finanziellen Umfangs zustimmen und sehen das vor allem als Investitionen in die Zukunft der Region! Dennoch liegt für die Regionalversammlung hinsichtlich Klimaschutz und Nachhaltigkeit noch viel Arbeit vor uns…….

Aber jetzt wünsche ich erst mal allen eine frohe, besinnliche und erholsame Weihnachtszeit, um uns im Neuen Jahr mit frischem Elan und Tatendrang wiederzusehen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!