Fairtrade Region Stuttgart

In Sachen globale Fairness bleibt auf allen Ebenen noch viel zu tun. Wir sind froh über den Anfang auf Ebene der Region Stuttgart.

 

Sehr geehrte Frau Regionaldirektorin, sehr geehrter Herr Verbandsvorsitzender.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Regionalräte
Sehr geehrte Damen und Herren,

im Oktober 2018 haben wir Grünen zum Haushaltsplan 2019 den Antrag gestellt, dass aus dem Verband Region Stuttgart ein Fairer Verband Region Stuttgart werden soll. Voraussetzung ist die Bewerbung um die entsprechende Zertifizierung bei Fairtrade Deutschland e.V. / Fairtrade Towns. Mehr als zwei Jahre sind seither ins Land gegangen.

Fairtrade

Ökonomisch, ökologisch, sozial – das sind die drei Grundpfeiler von Fairtrade. Das Ziel: eine gerechtere Welthandelsordnung zu schaffen. Kleinbauernfamilien und Plantagenarbeiter im globalen Süden sollen bessere Preise erzielen, Produzierende einen angemessenen Lohn für ihre Arbeit unter menschenwürdigen Bedingungen erhalten. Dadurch sollen sie die Armut aus eigener Kraft überwinden und ihr Leben unabhängig gestalten können.

Verschiedene Studien untermauern die positive Wirkung von Fairtrade - für zertifizierte Produzentenorganisationen, aber auch darüber hinaus für die Entwicklung ländlicher Gegenden. Natürlich kann Fairtrade allein komplexe Probleme marginalisierter Regionen nicht lösen, aber als Teil einer breiteren Entwicklungsstrategie führt der faire Handel zu sozialen, wirtschaftlichen und ökonomischen Verbesserungen.

Die Fairtrade-Standards sind klar definiert:

  • stabile, existenzsichernde Mindestpreise
  • Fairtrade-Prämien, die für Gemeinwohlprojekte verwendet werden (zum Beispiel Schulen)
  • Verbot unerlaubter Kinderarbeit und Zwangsarbeit
  • Langfristige Handelsbeziehungen
  • Gewerkschaftsfreiheit
  • Gesundheitsschutz
Fairtrade Towns Kampagne

Die internationale Kampagne der "Fairtrade-Towns" fördert gezielt den fairen Handel auf kommunaler und regionaler Ebene und ist das Ergebnis einer erfolgreichen Vernetzung von Personen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft, die sich für den fairen Handel in ihren Ländern stark machen.

Auch wenn es länger gedauert hat, ist die Grüne Fraktion froh, dass der entsprechende Beschlussantrag zu unserem Haushaltsantrag „Faire Region Stuttgart“ auf dem Tisch liegt, dem schon im WIV im April dieses Jahres einstimmig zugestimmt wurde. Wir sehen auch dem Erfolg der Zertifizierung zuversichtlich entgegen. Die angestrebte Auszeichnung darf dann aber nicht das Ende der Bemühungen sein, sondern der Anfang.

Mit dem heutigen Beschluss sind wir in guter Gesellschaft, wie die lange Liste der Fairtrade-Kommunen in der Region zeigt. Auch gibt es in Deutschland schon andere Fairtrade REGIONEN, in Nürnberg, im Saarbrücken, Göttingen, Region Unterweser und andere mehr. Hier ist Vernetzung gefordert, die Regionen tauschen sich untereinander aus. Im September lädt z.B die Fairtrade Region Nürnberg zu einem Vernetzungstreffen der Fairen Regionen in Deutschland ein. Wichtig ist auch die Kooperation mit den Fairtrade Kommunen der eigenen Region.

Konkreter Beschluss

Wir freuen uns also über den heutigen Beschluss denn
Es ist notwendig und überfällig, dass

  • die Region zukünftig bei eigenen Einkäufen den Richtlinien einer ökofairen und sozialen Beschaffung entspricht.
  • Produkte, die nicht nach den ILO- Kernarbeitsnormen hergestellt wurden oder bei denen ausbeuterische Kinderarbeit nicht durch entsprechenden Nachweis ausgeschlossen werden kann, nicht mehr eingekauft und verwendet werden.
  • Produkte, deren ökologische Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt nicht durch Labels und Zertifikate bestätigt sind (z.B. Papier ausschließlich als 100% Recyclingpapier mit FSC-Siegel) zukünftig nicht mehr beschafft werden.
  • wir bei Sitzungen, Veranstaltungen und Festlichkeiten ausschließlich Kaffee aus Fairem Handel anbieten und mindestens ein weiteres Produkt aus fairem Handel.
  • Und nein, wir Grünen wollen - entgegen den immer wieder stereotyp auftauchenden Vorhaltungen - den regionalen Bio-Apfelsaft aus heimischen Streuobstwiesen oder Johannisbeersaft nicht verbannen, im Gegenteil. Wir wollen sichergestellt wissen, dass bei einer Erweiterung des Getränkeangebots mit anderen Säften, wie Mango oder Orange, diese aus fairer Produktion stammen.
  • Und natürlich nützen alle Beschlüsse nichts, wenn externe Caterer nicht entsprechend auf diesen Beschluss und dessen Einhaltung hingewiesen werden.

Die Grüne Regionalfraktion wird den Prozess der Zertifizierung gerne aktiv mit begleiten und unterstützen. Es gibt in Stuttgart und in der Region ein dichtes Netz von Weltläden, Fairtrade-Gruppen in Kirchen, Verbänden und Initiativen. Es gibt mitten in Stuttgart den Welthaus-Verein, ein Dachverein mit vielen zivilgesellschaftlichen und interkulturell aufgestellten Mitgliedsvereinen. Das sind alles Akteure, die angesprochen und einbezogen werden können.

Lieferkettengesetz

Die Eine -Welt- Bewegung hat viel erreicht, bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern für Bewusstsein über die Produktionsbedingungen geworben und hierbei auf Öffentlichkeitsarbeit und Freiwilligkeit gesetzt. Das war und ist alles gut und richtig. Allerdings ist das Setzen auf Freiwilligkeit, vor allem bei weltweit agierenden Firmen bei weitem nicht ausreichend.

Daher wird seit Langem auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene diskutiert, dass Unternehmen in der gesamten Lieferkette Menschenrechte und Umwelt respektieren müssen. Wir Grünen begrüßen daher das kurz vor Ende der Legislaturperiode vom Bundestag gegen erhebliche Widerstände verabschiedete sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (Lieferkettengesetz). Unser Ziel ist schon lange ein gesetzlich verbindlicher Rahmen, der Unternehmen dazu verpflichtet, eine mögliche Verletzung von international anerkannten Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu analysieren.

Das jetzt verabschiedete Gesetz ist ein erster Schritt, denn erstmals wird aufgezeigt, auf welche konkreten Sorgfaltspflichten Unternehmen in ihren Lieferketten achten müssen. Dies schafft mehr Verbindlichkeit, Wettbewerbs-gleichheit und Rechtssicherheit.

Noch gibt es Schwachstellen und die Mobilisierung der großen Wirtschaftsverbände führte dazu, dass das Gesetz verwässert wurde und nun weit hinter den Debatten auf europäischer und internationaler Ebene zurückbleibt.  Der nächste Bundestag wird dieses Gesetz daher gründlich nachbessern müssen.

Die Bürgerinnen und Bürger sehen es genauso: 75 Prozent sprachen sich im Jahr 2020 im Rahmen einer Umfrage für ein Lieferkettengesetz aus.
Es bleibt also in Sachen globale Fairness auf allen Ebenen noch viel zu tun, wir sind froh über den Anfang auf Ebene der Region Stuttgart.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit