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Regionalpolitik braucht kritische Begleitung

Offener Brief an die Südwestdeutsche Medienholding

Sehr geehrter Herr Dr. Wegner, sehr geehrter Herr Dachs,

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Verband Region Stuttgart ist es ein großes Anliegen, dass die Arbeit des Verbandes auch in Zukunft von kritischem und nachfragenden Journalismus begleitet wird. Immerhin tragen wir für 2,7 Millionen Menschen in der Region politische Verantwortung und suchen im Wettstreit der Konzepte und Vorschläge aus den Fraktionen nach den besten Wegen um Verkehrs- und Raumplanung, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Entwicklung und Förderung der Wirtschaft voranzutreiben.

Mit großer Sorge haben wir daher Ihre Ankündigung aufgenommen, bis zu 55 Stellen zu streichen. Wir beobachten schon seit geraumer Zeit, dass die Berichterstattung über die Region Stuttgart nicht mehr zu den bevorzugten Aufgaben Ihrer Häuser gehört. Dies zeigt sich in der eher lückenhaften Besetzung der Presseplätze in den Ausschusssitzungen oder dem Plenum und der anschließenden Berichterstattung. Das bedauern wir sehr.

Wir befinden uns in einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Region und müssen uns großen Veränderungen stellen. Dabei sind die politischen Akteurinnen und Akteure und die Zivilgesellschaft in der Region in einer Weise herausgefordert, wie wir sie über Jahrzehnte nicht gesehen haben.

Gerade die Zivilgesellschaft braucht, um zu verstehen, um sich eine Meinung bilden zu können, eine umfassende, sorgfältige, ausgewogene und kritische Berichterstattung, die es notwendig macht, dass die Journalistinnen und Journalisten sich auch in die Themen einarbeiten können. Wir befürchten eine weitere personelle Reduktion an dieser Stelle und damit einen weiteren Qualitätsabbau.

Wir, die Fraktion Bündnis90/Die Grünen in der Regionalversammlung, möchten Sie bitten, Ihr Vorhaben zu überdenken und nach Möglichkeit, den Bereich der lokalen und regionalen Berichterstattung zu stärken und nicht zu schwächen.

Vor einigen Jahren hat der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Prof. Dr. Andreas Vosskuhle die Aufgabe der Medien als »orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung« bezeichnet, die die notwendigen Informationen zu beschaffen und zu ihnen Stellung zu beziehen sollten. Er sieht darüber hinaus den kritischen Journalismus als Ver-fassungsauftrag an.

Wir freuen uns, wenn Sie dies gerade dort, wo es die Menschen sehr direkt angeht, als Ihren Auftrag verstehen.

Auf eine Rückmeldung Ihrerseits und eine Aufklärung darüber, wie der Bereich der regionalen Berichterstattung künftig ausgestaltet sein wird, sind wir gespannt.


Mit freundlichen Grüßen und im Namen der gesamten Fraktion


Prof. Dr. André Reichel, Fraktionsvorsitzender          

Ingrid Grischtschenko, Stellvertretende Verbandsvorsitzende