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Gebiete für den Abbau von Rohstoffen

Was im besten Fall für Lebensmittel gilt, das gilt auch für den Muschelkalk: Aus der Region, für die Region. Steine aus dem Steinbruch um die Ecke werden immer die unkompliziertere, bodenständigere und vor allem klimaschonendere Alternative sein.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Frau Dr. Schelling, sehr geehrte Kolleg:innen in der Regionalversammlung,

der Beschlussvorschlag von heute löst gemischte Gefühle in uns aus. Heute in ein Verfahren zur Regionalplanänderung einzusteigen ist nur ein einzelner Schritt in einer langen Kette von Diskussionen, die ich, die wahrscheinlich wir alle, geführt haben. Das Thema Rohstoffversorgung ist für mich schon kurz nach meiner Wahl in die Versammlung präsent geworden und insbesondere ein Standort hat mich seitdem immer und immer wieder beschäftigt. In der sonst immer ein wenig abstrakten Regionalplanung sind die Debatten um Steinbrüche deutlich konkreter. Wenn wir uns in unseren Gremien darauf verständigen, eine Schraffur im Regionalplan zu verschieben, auszudehnen oder umzuwidmen, dann machen wir für schwerstes Gerät den Weg frei, die Landschaft umzuformen. Und auch wenn die allermeisten Einwohner der Region sich berechtigterweise selten oder nie mit diesem Thema beschäftigen müssen, für einige, wenige werden unsere Entscheidungen hier umso wichtiger sein, denn sie sind anschließend Tag für Tag der Arbeit der Bagger und Lastwagen ausgesetzt.

Wir wissen es in unserer Fraktion nur zu gut, dass die Art und Weise wie wir bauen und wirtschaften, und damit unweigerlich auch, wie wir mit unserer Umwelt, diesem Planeten, umgehen, keinesfalls so bleiben kann. Und wir alle wissen auch, wie die Zukunft aussieht: Cradle-to-Cradle, Holzbau, Recycling, ergänzt durch Innovationen, die wir uns heute wahrscheinlich noch nicht vorstellen können. Aber das ist leider erst die Zukunft. Schon heute kämpfen wir mit Problemen, für die die Lösungen nicht einfach sind. Die Mieten in der Region sind nach wie vor zu hoch. Von den 15 teuersten Städten Deutschlands konzentrieren sich fast die Hälfte auf die Region Stuttgart. Wir wollen die Mobilitätswende schaffen, viel mehr Leute über die Schiene bewegen und dafür die Infrastruktur auf eine klimaneutrale Zukunft vorbereiten. Eine Eisenbahnbrücke oder ein Mehrfamilienhaus kann leider nicht auf die Bauwirtschaft der Zukunft warten. Wer heute mit dem alleinigen Verweis auf die Innovationen der Zukunft gegen die Vorlage stimmt, der spielt indirekt Freiraum- und Flächenschutz gegen Wohnraumkrise und die Verkehrswende aus.

Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie plötzlich und wie einfach Lieferketten, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden, zerbrechen können. Und was im besten Fall für Lebensmittel gilt, das gilt auch für den Muschelkalk, aus dem wir unseren Asphalt und unseren Beton mischen: Aus der Region, für die Region. Steine aus dem Steinbruch um die Ecke werden immer die unkompliziertere, bodenständigere und vor allem klimaschonendere Alternative sein. Der Verband Region Stuttgart halt vollkommen zurecht die Aufgabe, regionalen Rohstoffabbau zu sichern. Heute wollen wir ein Verfahren zur Abwägung der Interessen an verschiedenen Standorten eröffnen und die Grüne Fraktion steht zur regionalen Rohstoffsicherung. Wir werden heute nicht dagegen stimmen.

Ich will noch ein paar Worte zu den einzelnen Standorten verlieren.

Zu Weissach: Wenn an dieser Stelle Artenreichtum und eine schützenswerte Kulturlandschaft auf lange Zeit hin gesichert werden können, dann sollten wir es angehen. Wir freuen uns, dass hier der Weg für ein Naturschutzgebiet freigemacht werden kann und das nächste Mal, wenn ich ein neues Ziel für eine Radtour suche, dann werden ich mal vorbeischauen und mich selbst von dem Gelände überzeugen lassen.

In Markgröningen hingegen kenne ich das Gelände schon bestens, ich könnte nicht zählen, wie oft ich den Weg, der in unserer Vorlage die beiden Schraffuren trennt, auf meinem Weg nach Ludwigsburg schon gefahren bin. Es ist erstaunlich, wie gut so etwas Mächtiges wie ein Steinbruch verborgen werden kann.

Sogar als Radfahrer, der sich hier einen Weg durch die Feldwege sucht, verbirgt sich dieses Abbaugebiet vor mir. Von der naheliegenden Straße ist noch viel weniger zu sehen. Einzig die branchenüblichen Lastwagen, die sich von hier aus auf den Weg machen, verraten den Steinbruch. Zudem haben wir hier einen Standort mit sinnvol-len Erweiterungsoptionen und langfristiger, betrieblicher Perspektive vor uns. Lasst uns dem heute nicht im Wege stehen.

Kommen wir zum Marbacher Standort: Liebe Einwohner:innen von Rielingshausen, es sind sicherlich heute auch wieder einige anwesend, wir kennen die Situation vor Ort. Ich selbst war auch schon dort und habe mir von Mitgliedern der Bürgerinitiative das Gelände zeigen lassen. Und ich gebe zu: Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass dort der Hang aufgegraben werden soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Landschaftsschutzgebiet rund um den Eichbach sich mit einem Steinbruch vertragen kann. Ich kann mir nicht erklären, wie bei Maschinenlärm und Sprengungen ein Abstand von 350 Meter zum nächsten Wohngebiet ausreichend sein soll. Und die Stadt Marbach, die sich mit all ihrer Gremien gegen diese Erweiterung und die Betreiberfirma wehrt, verringert die Umsetzungschancen noch weiter. Nichtsdestotrotz glaube ich, Rielingshausen braucht einen Faktencheck. Lasst uns dieses Verfahren, das heute hoffentlich eingeleitet wird, alle gemeinsam als eine Möglichkeit sehen, die Sachlage, ungefärbt von Interessen, auf den Tisch legen zu können. Am Ende des Verfahrens muss dann erneut jeder der hier anwesenden Regionalrät:innen entscheiden, ob diese Erweiterung vertretbar ist. Ich für meinen Teil bleibe beim Thema Rielingshausen skeptisch.

Vielen Dank!